Das NDR-Fernsehen berichtet über die Psychosoziale Notfallversorgung für Einsatzkräfte
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Die Feuerwehr im Fernsehen – das kommt zurzeit ja leider häufig vor. Man denke an die Brandstiftungen im Norden unseres Kreises und in der Stadt Flensburg, aber auch an zahlreiche Verkehrsunfälle auf den Autobahnen und Landstraßen in unserer Region. Der Anlass für den Besuch des NDR-Fernsehens bei den Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Wanderup war ein ganz anderer – und hatte dennoch sehr viel mit den eben genannten Einsätzen der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer zu tun.
Im Magazin DAS wird am Sonntag, dem 13. November 2022, der Diakon und Notfallseelsorger Herrmann Saur zu Besuch sein und auf dem Roten Sofa Rede und Antwort stehen. Die Sendung selbst wird thematisch passend zu jedem Gast gestaltet, sodass den Redakteurinnen und Redakteuren des NDR besonders Blaulicht-Themen aus dem Feuerwehr- und Rettungsdienstbereich nahelagen.
Auf einem Dienstabend am 7. November 2022 hatten die freiwilligen Feuerwehrleute aus Wanderup Theo v. Fleischbein und ein Team des PSNV-E (Psychosoziale Notfallversorgung für Einsatzkräfte) zu Gast, um sich über den Umgang mit belastenden Einsatzsituationen zu informieren. Und davon gibt es Wanderup einige, weiß Mitorganisator und Gruppenführer Jan Breuer zu berichten. Besonders die Landstraßen um Wanderup herum sind häufiger Schauplatz für schwere Verkehrsunfälle. Bei diesen Unfällen kommen auch Kinder ums Leben, was von den anwesenden Rettern einhellig als größte mögliche Belastungssituation gewertet wird.
Aber natürlich kommen weitere Belastungsfaktoren hinzu, bringen Theo v. Fleischbein und seine Kollegin Andrea Johannsen im Plenumsgespräch mit den anwesenden Feuerwehrleuten in Erfahrung. So kann es z. B. besonders mitnehmen, wenn ein Bekannter oder Freund, vielleicht sogar ein Familienmitglied oder ein Kamerad verunglücken und nichtsahnende Retter an der Unfallstelle eintreffen. Ein anderer Bezugspunkt können dasselbe Alter, derselbe Beruf oder einfach nur wiederkehrende Bilder sein.
Für Harald Kärcher, den Teamleiter des PSNV-E, ist es an dieser Stelle wichtig zu betonen, dass heftige Reaktionen des Körpers und der Psyche nach solchen Einsatzerfahrungen nichts Außergewöhnliches sind, sondern die Einsatzsituation selbst. Es ist „normal“, mit Herzklopfen und Zittern, mit Schweißausbrüchen und Schlafstörungen oder mit Reizbarkeit und Aktivitätsverlust zu reagieren.
Problematisch allerdings wird es dann, so Theo v. Fleischbein in seinem Vortrag, wenn dieser Zustand über längere Zeit anhält. Und genau an dieser Stelle kommt das PSNV-E-Team, die Retter für Retter, ins Spiel, die sich für Präventionsveranstaltungen, aber v. a. auch für Einsatznachsorgegespräche mit den beteiligten Einsatzkräften und auch für Einzelgespräche zur Verfügung stellen. „Wir sind 365 Tage 24/7 zu erreichen“, erzählt Carl-Ernst „Calle“ Clausen und betont gleichzeitig die hohe Qualifikation seiner Teamkolleginnen und -kollegen im PSNV-E. „Wir müssen uns jährlich umfangreich fortbilden, um unsere Qualifikation zu behalten.“ Dabei werden einige Grundsätze eisern beachtet, so z. B. die absolute Verschwiegenheit oder das Peer-Prinzip. Letzteres bedeutet, dass das PSNV-E-Team für die Feuerwehren aus Feuerwehrleuten besteht. „Jeder von uns muss wissen, wovon ein Feuerwehrmann redet, wenn er sich uns anvertraut – das hat etwas mit Glaubwürdigkeit zu tun“, sagt Theo v. Fleischbein. Gleichzeitig ist allerdings zu beachten, dass Feuerwehrleute aus dem PSNV-E-Team nicht in ihre eigenen Wehren gehen, sondern dass „fremde“ Peers an der Notfallnachsorge vor Ort arbeiten.
Notfallseelsorger Hermann Saur, der im NDR auf dem Roten Sofa sitzt, ist zwar selbst Feuerwehrmann gewesen, aber inzwischen für die Betreuung von Angehörigen der Opfer zuständig. Dennoch hat das Thema PSNV-E natürlich viele Berührungspunkte zum Leben von Herrmann Saur, der z. B. als Krisenhelfer nach dem Absturz des Germanwings-Fluges in Frankreich 2015 im Einsatz war.
Der Redakteur des anwesenden NDR-Teams, Christoph Hemker, zeigte sich jedenfalls zufrieden mit den Bildern und den Informationen. Zum Abschluss des Drehabends wollte er noch Eindrücke davon haben, wie Feuerwehrleute zu einem Einsatz ausrücken. An dieser Stelle konnte ihm Wehrführer Michael Voß helfend unter die Arme greifen. Und auch, wenn die Bilder der zu den Fahrzeugen eilenden freiwilligen Helfer und der ausrückenden Fahrzeuge dieses Mal nachgestellt waren, so ist jedem Feuerwehrmann und jeder Feuerwehrfrau klar: Dies könnte jederzeit ein realer Einsatz sein, bei dem keiner weiß, was ihn erwartet, und bei dem keiner weiß, wie Körper und Psyche reagieren. Allerdings wissen die beteiligten Kameradinnen und Kameraden jetzt, an wen sie sich wenden müssen, wenn Retter einmal Retter brauchen.
Jan-Christian Schwarz
Das PSNV-E-Team des Kreisfeuerwehrverbandes Schleswig-Flensburg ist zu erreichen unter der Handynummer 01759509649. Alle Gespräche werden streng vertraulich behandelt.
Letztes Update: 2022-11-12
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