In der Erfder Feuerwehr von 1880 ist erstmalig über 50 Jahre ehrenamtlicher Dienst von einer Person geleistet worden
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In der Erfder Feuerwehr von 1880 ist erstmalig über 50 Jahre ehrenamtlicher Dienst von einer Person geleistet worden
Erfde: Einundfünfzig Jahre mit Vollblut ehrenamtlichen Feuerwehrdienst zu leisten - das ist schon etwas Besonderes. Und bedeutet nichts anderes als in einer Gemeinschaft Höhen und Tiefen durchzustehen.
Und auf diese Zeit kann Heino Solterbeck (67) aus Erfde zurückblicken. Mit 17 Jahren trat er im Dezember 1971 in die Freiwillige Feuerwehr Erfde ein. „Annern hebbt gern Football speelt und sick dor ophoben föhlt“, sagt Solterbeck in einem Gespräch. Solterbeck ist auf einem Bauernhof groß geworden. Arbeiten auf dem Hof und Radfahren waren während seiner Schulzeit seine Beschäftigungen. Zusammen mit drei anderen Freunden ging es dann in die Wehr. Dabei verhehlt er nicht, dass sowohl sein Großvater als auch sein Vater schon Leitungsfunktionen in der Erfder Feuerwehr, die 1880 gegründet worden ist, hatten.
Bescheiden fing es für den gelernten Landmaschinenmechaniker in der Feuerwehr an. Das alte Gerätehaus befand sich auf dem Schulhof in Erfde. Das Löschgruppenfahrzeug stammte aus dem Jahre 1958 und hatte noch kein Löschwasser an Bord. Gleich sein erster Einsatz im Winter 1972 machte ihm schwer zu schaffen. Es brannte in Erfde, Süderende ein kleiner Kuhstall. „Die Rinder waren damals angebunden, und ich sah die verendeten Tiere festgekettet liegen“, erinnert sich Solterbeck. Aber auch das gehört mit zum Feuerwehrdienst - man will helfen, aber nicht überall gelingt es.
Daher müssen Feuerwehren immer auf dem aktuellen Stand hin ausgebildet und ausgerüstet werden. Unter insgesamt fünf Wehrführungen versah der Landmaschinenmechaniker seine Dienste. Im Jahre 1974 wurde das neue Gerätehaus an dem jetzigen Standort errichtet. Zweimal wurde es dort schon erweitert, weil die Technik und die Aufgabenstellung sich im Feuerwehrwesen permanent erweitern. Um nach Verkehrsunfällen eingeklemmte Personen befreien zu können, bekam man 1981 hydraulisches Rettungsgerät. Eigens wurde dafür von der Kommune ein „nackter VW-Bus gekauft“. „Da war nichts drin, und wir haben in Eigenregie alles in dem Fahrzeug passgenau angefertigt, um die Rettungsgeräte verlasten zu können“, sagt der inzwischen zum Gerätewart gewählte Solterbeck. Ein erstes wasserführendes Löschfahrzeug kam im September 1987 nach Erfde. „Das gab uns ein sichereres Gefühl, wenn wir zu einem verunfallten Fahrzeug ausrückten“, bekennt Solterbeck. Noch moderner wurde es 2010 in Erfde mit der Beschaffung eines wasserführenden Hilfeleistungslöschfahrzeugs. Aber gerade Einsätze zu schweren Verkehrsunfällen fordern die ehrenamtlichen Helfer voll und ganz. „Einmal konnten wir einen guten Bekannten von mir nur tot bergen - das trifft einen besonders“, sagt der 67-Jährige. Noch krasser war es für ihn im August 2019. In der Alarmierung hieß es, nach einem Zelt-Fest sei es in Bergenhusen zu einem schweren Verkehrsunfall gekommen, eine junge Frau sei in einem Fahrzeug eingeklemmt. „Ich habe sofort an unsere Tochter Simone gedacht, die auch auf der Fete in Bergenhusen war“, so der besorgte Vater. Für die verunfallte Frau kam leider jede Hilfe zu spät - Tochter Simone hatte jedoch zwischendurch per Handy mit dem Vater kontaktet.
„Das nimmt einen schon mit und man ist sofort mit den Gedanken bei den trauernden Angehörigen“, erzählt Solterbeck.
Aber eines schätzt der Ex-Gerätewart besonders in seinem Feuerwehrdasein - das ist die Kameradschaft. Neben den Ausbildungsdiensten wurden diverse Ausbau- und Umbaumaßnahmen in Eigenregie durchgeführt. Gerade freiwillige Feuerwehren können auf eine Vielzahl von Berufen zurückgreifen und dieses Potential nutzen. Der gelernte Landmaschinenmechaniker war 45 Jahre bei einer Firma in Sorgbrück beschäftigt und verfügte über einen Werkstattwagen. Unzählige Male parkte Solterbeck mit diesem Wagen vor dem Gerätehaus in Erfde. Es gab für ihn in der Wartung der Feuerwehr-Technik immer etwas zu tun. Er sah sich alles an und behob anstehende Mängel sofort. Der Gemeinde Erfde sind dadurch viele Kosten erspart geblieben.
Ganz begeistert ist Solterbeck auch von den in seiner Zeit durchgeführten elf Feuerwehr-Leistungsbewertungen gewesen. Gerade der Pflegezustand der Ausrüstung stand dabei im Mittelpunkt. Die im Lande höchstmögliche Prüfung zum „Goldenen Beil“ im Jahre 2002 hatte es in sich. Die Erfder Feuerwehr bestand diese mit Bravour. Ein Prüfer hatte sogar den Aschenbecher aus dem Löschfahrzeug rausgeklemmt, um nach Staubresten zu schauen. Alles war sauber! So etwas hatte die Prüfungskommission zuvor noch nicht erlebt.
Mit Beginn des neuen Jahres endet die aktive Mitgliedschaft für die „Vollblut-Feuerwehrkraft“. „Ich habe meinen Schrank für die Einsatzkleidung zu räumen“, bekennt Solterbeck mit Wehmut. Gedanklich wird er vorerst bei jeder Alarmierung mitfiebern, und er wird der Feuerwehr verbunden bleiben. „Auf jeden Fall möchte ich meine Tradition fortsetzen, immer zu Weihnachten einen Tannenbaum für das Gerätehaus zu stiften“, sagt er. Langeweile wird es bei der Familie Solterbeck nicht geben. Gemeinsame Fahrradtouren mit Ehefrau Elke stehen nun im Vordergrund.
Peter Thomsen
Foto 1: Nun heißt es, den Schrank mit der Einsatzkleidung zu räumen
Foto 2: Im Juli 2010 ehrt man Heino Solterbeck mit dem Schleswig-Holsteinischen
Ehrenkreuz in Bronze
Letztes Update: 2023-01-20
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